5. PM Bau Symposium – ein Rückblick

Life Cycle Management stand im Mittelpunkt des letzten PM Bau Symposiums am 9. Juni 2011, das die Bau- und Infrastrukturbranche zu einem interessanten Informations- und Erfahrungsaustausch anzog. Mit dem Thema Life Cycle Management wird die Nachhaltigkeitsdiskussion in der Baubranche mit einem ganzheitlichen Ansatz betrachtet. Lebenszyklus orientiertes Planen und Managen unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken stellt eine Herausforderung für alle Beteiligten dar. Mit diesem Symposium wurde versucht auf die vielen in der Praxis noch offenen Fragen Lösungsansätze und Antworten zu finden.

Das 5. PM Bau Symposium schloss an die Erfolge der vorangehenden an und antwortete mit der Themenwahl auf die Herausforderungen denen die Baubranche in der Nachhaltigkeitsdiskussion ausgesetzt ist. In den Vorträgen wurden Ansätze zur Umsetzung der Nachhaltigkeit als Strategie vertieft, Green Building und die Umsetzung und Weiterentwicklung in der Praxis vorgestellt und Chancen- und Risikomanagement als wichtiges Tool des Life Cycle Management diskutiert. Das Publikum aus mehr als 200 Fachleuten von über 80 Unternehmen und Organisationen der Baubranche konnte nicht nur interessante neue Inputs mitnehmen sondern in den weiterführenden Diskussionen auch Erfahrungen austauschen und ausreichend das persönliche Netzwerk pflegen und weiterentwickeln.

Nach der Einleitung des Organisators Prof. Stempkowski, der die Zielsetzung und Hintergründe des Symposiums erläuterte, hob Dipl.-Ing. Peter Scherer [Geschäftsstelle Bau] in seiner Begrüßung die Aktualität des Themas hervor und verband die Veranstaltung mit dem Auftrag der Wirtschaftskammer zur Wissensvermittlung und der führenden Rolle als Anbieter bauspezifischer Bildung. Das Symposium sieht er dabei auch als Plattform zum Erfahrungsaustausch, wo Best Practice Beispiele mit neuen Lösungsansätzen diskutiert werden, besonders in einer Zeit wo der entscheidende Wettbewerbsvorteil für die Zukunft in der Verbesserung der Mitarbeiterqualifikation liegt. Zurückkommend auf das Veranstaltungsthema betont er wie wichtig eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Nachhaltigkeit sei, um tatsächlich zu nachhaltigen, wettbewerbsfähigen Lösungen zu kommen und nicht nur Hochglanzbroschüren zu Marketingzwecken zu produzieren.

Life Cycle Management

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Hans Lechner [TU Graz] leitete durch den Vormittag, der dem interessierten Publikum Ansätze zum Thema Life Cycle Management aufzeigte und wo Beispiele für die baupraktische Umsetzung von Nachhaltigkeit vorgestellt wurden.

Zu Beginn wurde von FH-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Rainer Stempkowski [FH JOANNEUM] Life Cycle Management als ganzheitlicher Managementansatz vorgestellt. Wichtige Zielsetzungen sind die optimale Einbeziehung von Erfahrungen aus späteren Projektphasen in die Projektentwicklung und Planung, die Berücksichtigung der Umbau- und Nachnutzungsphase bereits in der Planung, der Focus auf eine möglichst langfristige Betrachtung der Lebenszykluskosten und eine besondere Berücksichtigung der Nutzer. Er stellte die Einbeziehung von wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten in die Entwicklung, Planung und Umsetzung von Bauprojekten vor. In seinem Vortrag zeigte er die Lösungswege für den Einsatz eines professionellen Projektmanagements, das diese Aspekte aufgreift und begleitet von vorausschauendem Risikomanagement und einer kontinuierlichen Projektoptimierung im gesamten Bauprozess umsetzt.

Mag. Andreas Karg MSc. [Rhomberg Bau GmbH] unterstrich die Ausführung des Vorredners anhand des Umganges mit dem Ressourcenverbrauch in der Bauindustrie. Er sieht hier einen direkten Zusammenhang zwischen ökologischen Kriterien und den sich daraus ergebenden ökonomischen Zwängen, wenn endliche Ressourcen einer steigenden Nachfrage gegenüberstehen. Life Cycle Management wird unter diesem Gesichtspunkt zum Wettbewerbsvorteil, der im Vortrag mit konkreten Anwendungs- und Umsetzungsbeispielen von Rhomberg Bau untermauert wurde.

Zum Abschluss des ersten Themenblocks stellte Dipl.-Ing. Dr. Helmut Floegl [Donau-Universität Krems] die Möglichkeiten der Kennzahlenermittlung für ökonomische Nachhaltigkeit auf Basis der neuen ÖNORM B 1801-2 vor. Er betrachtete dabei ökonomische Kennzahlen im Hinblick auf die dauerhafte Leistbarkeit von Gebäuden im Gegensatz zur derzeit noch häufig gewählten Beurteilung der reinen Anschaffungskosten. Welche finanzmathematischen Betrachtungen für entsprechende Prognosen der Lebenszykluskosten anzuwenden sind, wurde anhand von anschaulichen Beispielen dargestellt.

Green & Blue Building

Den Block 2 mit dem Schwerpunktthema der Gebäudezertifizierung und Nutzung nachhaltiger Energiequellen leitete Dipl.-Ing. Wolfgang Gollner [FH JOANNEUM] ein. Er stellte die Schlagworte Green and Blue Building in den Mittelpunkt seines Vortrages. Was dies genau bedeutet und welche Voraussetzungen bereits in der Planung geschaffen werden müssen um Green und Blue Buildings erfolgreich umzusetzen, wurde eindrucksvoll erläutert.

Die Ausführungen des Vorredners wurden von MMag. Philipp Kaufmann, MMAS [ÖGNI] mit seinem Vortrag zum Thema Zertifizierung von Gebäuden vertieft. Die Vielfalt der weltweiten Entwicklungen in diesem Bereich wurde präsentiert und diskutiert. Er stellte das von der österreichischen Gesellschaft für nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI) entwickelte Zertifizierungssystem vor. In Abstimmung mit den aktuellen Entwicklungen innerhalb der EU wurden dabei messbare Indikatoren verwendet um Vergleichbarkeit und Transparenz sicherzustellen. Abschließend wurden Inputs für die anschließende Diskussion aufgeworfen, die zeigte, dass zum Thema noch viele Fragen offen sind.

Der Beitrag von Dipl.-Ing. Dr. Michael Kotschan, MBA [Geothermiezentrum Aspern GmbH / Fernwärme Wien GmbH] spannte den Bogen von der Gebäudezertifizierung hin zur Erschließung nachhaltiger Energiequellen. Da fossile Energieressourcen begrenzt sind, rückt die Suche nach echten Alternativen immer mehr in den Fokus des Interesses von Gesellschaft und Politik. Die Geothermie wurde im Vortrag als eine solche Alternative vorgestellt. Potential und Wirtschaftlichkeit wurden beleuchtet und um eine Risikobetrachtung ergänzt. Abgeschlossen wurden die Ausführungen durch ein Beispielprojekt.

Lebenszyklusorientiertes Planen und Managen

Den ersten Nachmittagsblock leitete FH-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Rainer Stempkowski
[FH JOANNEUM] mit dem Hinweis ein, dass die Life Cycle Orientierung in der Baubranche vor allem professionelles Management verlange. Lösungsansätze dazu brachten dann auch die folgenden Vorträge.

Die Ausführungen von DI Dr. Peter Holzer vorgetragen von Mag. arch. Richard Sickinger [Donau Universität Krems] fokussierten auf Strategien für klimaneutrale Gebäude. Eingangs wurde ein Überblick über die unterschiedlichen Ansätze zur Berechnung der CO2-Bilanz gegeben. In weiterer Folge wurde ein Ansatz für ein nachhaltiges Maß für CO2-Emissionen von Gebäuden vorgestellt, wobei auf den Entwurf der neuen OIB Richtlinie 6 hingewiesen wurde, die Kennzahlen für CO2-Emissionen ähnlich denen der Energiebilanz vorsieht. Ergebnis des Vortrages war die Erkenntnis, dass große Spielräume in der Berechnungsmethodik existieren, grundsätzlich aber bereits mit heutigen Technologien eine CO2-Neutralität aller Betriebsenergien erreicht werden kann, wenn z.B. durch Photovoltaik entsprechende Kompensationen erwirtschaftet werden können.

Mit dem Thema Datenmanagement im Gebäudelebenszyklus präsentierte Dipl.-Ing. Thomas Schnabl [Prevera Consulting GmbH] einen Lösungsansatz für eine reibungslose Übergabe der Dokumentation aller Raumdaten von der Planung und Ausführung ins Facility Management System. Mit planungs- und baubegleitendem Facility Management soll sichergestellt werden, dass bereits in der Planungsphase alle Aspekte der späteren Bewirtschaftung berücksichtigt und im Sinne der Lebenszykluskosten bestmöglich optimiert werden. Das Raumbuch wurde dabei als Werkzeug vorgestellt, damit die Voraussetzungen für maximale Effizienz und Nachhaltigkeit in der späteren Bewirtschaftung zeitgerecht in der Planungsphase geschaffen werden können.

Dipl.-Ing. Dr. Christian Benque [KAGes] stellte in seinem Vortrag die konkrete Umsetzung von Life Cycle Management im Programm-Management der steiermärkischen Krankenanstaltenges. m.b.H. KAGes vor. Die Aspekte der Nachhaltigkeit werden dabei genutzt um den vielfältigen Anforderungen die im Krankenhausbau gestellt werden gerecht zu werden. Die Kriterien die dabei angewendet werden müssen reichen von Funktionalität und Gestaltung über Energieeffizienz und Lebensabschnittskosten. Mit diesem Begriff werden auch die besonderen Voraussetzungen aufgrund der raschen Weiterentwicklungen im Gesundheitswesen deutlich. Nutzungsdauern müssen individuell auf Funktionsbereiche abgestimmt werden und können nicht für das gesamte Gebäude einheitlich angenommen werden. Ein bedeutender Faktor wurde im Vortrag der Partizipation durch die Nutzer zugeschrieben, da für sie Um- oder auch Neubauten immer eine Veränderung darstellen und Akzeptanz daher einen wesentlichen Teil des Erfolges im Krankenhausbau ausmacht.

Chancen- und Risikomanagement

Den letzten Themenblock führten Dipl.-Ing. Alexander Walcher und Dipl.-Ing. Thomas Grünstäudl [ASFINAG Bau Management GMBH] mit ihrer Vorstellung eines Risikomanagement-Systems für Verkehrsinfrastrukturprojekte an. Die ASFINAG BMG hat als Antwort auf die vielfältigen Risiken in ihrem Tätigkeitsfeld den vorausschauenden Umgang mit Risiken und Chancen in der Projektentwicklung standardisiert. Mit ihrem Risikomanagement-System werden Kosten- und Terminabweichungen bzw. Optimierungspotentiale identifiziert. Durch die Definition und Umsetzung daraus abgeleiteter Maßnahmen sollen die Risiken minimiert und Chancenpotenziale optimiert werden. Im Vortrag wurde die praktische Umsetzung vorgestellt und die Potentiale die Risikomanagement als Instrument der Geschäftsleitung und der Projektleitung hat aufgezeigt. Abschließendes Conclusio war die positive Auswirkung auf die Projektstabilität und das unternehmensweit gestiegene Bewusstsein für Risiken und Optimierungspotentiale.

Ergänzend zu den Ausführungen der Vorredner hob FH-Prof. DI Dr. Doris Link [FH Campus Wien] in ihrem Vortrag Schulungen als Erfolgsfaktor bei der nachhaltigen Implementierung von Risikomanagement hervor. Neben den grundsätzlichen Anforderungen an einen Risikomanager lt. ONR 49003 wurde auf die unterschiedlichen Zielgruppen bei der Implementierung eines Risikomanagement-Systems eingegangen. Zielgruppengerechte Schulungen wurden als wesentlich für den Erfolg dargestellt. Unterschieden wurde dabei zwischen der operativen Ebene, Controllern und der Leitungsebene. Neben den eigentlichen Schulungen wurden Feedbackschleifen und weiterführendes Risikocoaching als Erfolgsfaktor bei der nachhaltigen Implementierung von Risikomanagement im Unternehmen dargestellt.

Die Fachvorträge schloss Dipl.-Ing. Evelin Waldauer [Stempkowski Baumanagement & Bauwirtschaft Consulting GmbH] mit der Vorstellung praktischer Erfahrungen aus dem Chancenmanagement. Der Fokus lag dabei vor allem bei den Voraussetzungen für ein funktionierendes Chancenmanagement. Bewusstsein zu schaffen und realistische Soll-Vorgaben zu machen sind zwei wichtige Grundlagen um Akzeptanz zu erhalten. Die Schaffung von Projektstrukturen, die durchgängige Anwendung auf allen Ebenen und die Nutzung professioneller Werkzeuge sind für die erfolgreiche Umsetzung wesentlich. Darüber hinaus ist gelebtes Wissensmanagement ein Werkzeug für eine nachhaltige Implementierung, die über die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen hinaus Mehrwert für das Unternehmen bringt. Die Weiterentwicklung zum Change Management war Thema des zweiten Teils des Vortrags. Der Fokus lag auf der Umsetzung auf Projektebene um grundsätzliche Veränderungen, die in unterschiedlichen Projektphasen gefordert werden können, strukturiert und nachhaltig umzusetzen. Ein offener, sachlicher Umgang mit Veränderungen in Projekten soll mit Change Management gewährleistet werden.

Alles in allem war das 5. PM-Bau Symposium nicht nur ein interessanter Tag durch die vielen neuen Inputs aus den Fachvorträgen und anschließenden Diskussionen, es gab auch viele Möglichkeiten das eigene Netzwerk weiterzuentwickeln. Dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wohl gefühlt haben, beweist auch das Ende der Veranstaltung. Erst nach Mitternacht verließen die letzten das Symposium !

Ausblick 6. PM BAU Symposium

Die Symposiums-Reihe der Veranstalter Netzwerk Bau mit der Geschäftsstelle Bau der Wirtschaftskammer Österreich, BAUAkademie, den Hochschulen TU Wien, TU Graz, FH JOANNEUM, Donau Universität Krems und der FH Campus Wien wird am 14. Juni 2012 in Wien weitergeführt mit dem Schwerpunktthema MITEINANDER STATT GEGENEINANDER - Lösungsstrategien für eine faire Abwicklung von Bauverträgen.

Zum Thema LIFE CYCLE MANAGEMENT Bau – Nachhaltiges Bauprojektmanagement gibt es seit 2011 auch ein eigenes postgraduales Studium an der Donau-Universität Krems. Der nächste Lehrgang startet im Jänner 2012.